Europa besitzt ein reiches aber empfindliches Naturerbe. Zu den Lebensräumen, die in Europa besonders stark geschrumpft sind, gehören die orchideenreichen Trockenrasen.
Im Saarland prägen sie in den kalkreichen Landschaften an den mehr oder weniger steilen Hängen noch heute das Bilder unserer Heimat.
Kalk-Halbtrockenrasen mit besonders orchideenreichen Beständen gehören gemäß der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (92/43/EWG) zu den prioritären Lebensräumen in Europa und besitzen eine besondere Bedeutung für das europäische Naturerbe. Das Saarland hat mit seinen Vorkommen deshalb eine hohe Verantwortung für die Erhaltung und Wiederherstellung von orchideenreichen Trockenrasen.
Weil viele dieser Flächen durch Aufgabe der Landnutzung verbuscht sind und ihre landschaftsökologische Bedeutung verloren haben, hat die Naturlandstiftung Saar bei der Europäischen Kommission einen Antrag für ein Life-Natur-Projekt zur „Regeneration und Erhaltung von Trockenrasen in Deutschland“ gestellt, der 2001 bewilligt wurde.
Träger des Projekts war die Naturlandstiftung Saar, die zuständig für die Umsetzung des Gesamtprojekts und der Maßnahmen im Saarland war. Projektpartner waren die Stiftung „Naturschutz Schleswig-Holstein“, die Maßnahmen in Schleswig-Holstein umgesetzt hat, sowie die Naturland Ökoflächen-Management GmbH (ÖFM), die die Pflegemaßnahmen im Saarland ausgeführt hat. Während der Projektlaufzeit von 2001 bis 2006 wurden Management- und Pflegepläne erstellt, 25 Hektar Flächen erworben, in 13 saarländischen Projektgebiete auf 100 Hektar verbuschte Kalk-Halbtrockenrasen entbuscht sowie Hecken auf einer Länge von 9,7 km gepflegt.
Im Rahmen des wiederkehrenden Naturraum-Managements wurden in den Projektgebieten im Saarland auf einer Fläche von 92 Hektar die entbuschten Flächen in zwei aufeinander folgenden Jahren gemulcht und so für eine nachfolgende extensive landwirtschaftliche Bewirtschaftung instand gesetzt. Heute werden die Flächen von ortsansässigen Landwirten im Rahmen von Pflege- und Bewirtschaftungsverträgen wieder landwirtschaftlich genutzt.
Was sind eigentlich Kalk-Trockenrasen?
Kalk-Trockenrasen gehören zu den kräuterreichen Grünlandgesellschaften auf kalkreichen Böden. Von den herkömmlichen Wiesen unterscheiden sie sich durch nährstoffarme Böden, die Lage an mehr oder weniger steilen Hängen, eine starke Besonnung und schlechte Wasserverfügbarkeit.
Monitoring-Untersuchungen haben gezeigt, dass die lebensraumtypischen Trockenrasen-Arten in die erstgepflegten und instand gesetzten Flächen wieder eingewandert sind und dass sowohl die Zahl der Orchideen-Arten als auch die Zahl der Orchideen-Individuen zugenommen hat. In einem Projektgebiet hat sich z. B. auch eine Population des weltweit gefährdeten Tagfalters Goldener Scheckenfalter (Euphydryas aurinia, eine FFH-Angang II - Art) auf den entbuschten Flächen neu etabliert.
Der Hammelsberg ist ein bedeutender Trittstein für Wärme liebende Pflanzen- und Tierarten. Während der Nordhang und Teile des Höhenrückens mit Wald bewachsen sind, wachsen am Südhang auf französischer Seite und auf den Hochflächen auf deutscher Seite orchideenreiche Trockenrasen.
Wegen seiner einmaligen Pflanzen- und Tierwelt wurde der Hammelsberg in das Europäische Schutzgebietesnetz NATURA 2000 aufgenommen.
Trockenrasen sind auf eine naturverträgliche Nutzung angewiesen. Im Saarland werden diese Flächen traditionell einmal pro Jahr gemäht, gelegentlich werden sie im Herbst beweidet. Durch den Rückzug der Landwirtschaft wachsen jedoch immer mehr Flächen mit Gebüschen zu. Das uns vertraute Bild der Landschaft geht verloren und die von offenen und besonnten Böden abhängigen Pflanzen- und Tierarten verlieren zunehmend ihren Lebensraum.
Im Rahmen unseres LIFE-Projektes wurden die Gebüsche, vor allem Schlehe und Weißdorn, mit Maschinen beseitigt, um die offenen Trockenrasen wieder herzustellen. Durch eine sich anschließende naturverträgliche Nutzung werden diese Flächen mit ihren Lebensgemeinschaften langfristig erhalten.
Orchideen
Am Südhang und auf der Plateaufläche wachsen orchideenreichen Trockenrasen. Auch für Botaniker ist dieses Naturschutzgebiet im Dreiländereck von großem Interesse. Die Orchideen gehören mit über 20.000 verschiedenen, überwiegend tropischen Arten zu einer der artenreichsten Familien des Pflanzenreiches. Im Saarland wurden bisher 43 dieser farbenprächtigen und bezaubernden Pflanzen nachgewiesen. Davon blühen 17 verschiedene wild wachsenden Orchideen wie etwa die Bocks-Riemenzuge oder auch die seltene Bergaster auf dem Hammelsberg.
Insekten
Die Insektenfauna des Hammelsbergs wird schon lange wissenschaftlich untersucht. So wurden von den rund 110 im Saarland vorkommenden Tagschmetterlingen über 70 verschiedene Arten hier gefunden.
Der farbenprächtige Schwalbenschwanz und viele Bläulinge fühlen sich auf dem Hammelsberg genauso wohl wie der weltweit bedrohte Skabiosen-Scheckenfalter.
Im Hochsommer bevölkern 20 verschiedene Heuschreckenarten die buntblumigen Wiesen. Sie fallen weniger durch eine ausgefallene Färbung als vielmehr durch ihre Lautäußerungen auf. Der wohlklingende Gesang des seltenen Weinhähnchens, einer unscheinbaren Grillenart, ist 50 bis 100 m weit zu hören.
Die meisten Wärme und Trockenheit liebende Insekten des Hammelsbergs, aber auch die Reptilien, sind auf offene und besonnte Lebensräume angewiesen. Deshalb werden die Wiesen regelmäßig gemäht.